Die SPD in Ennepetal sieht mit Sorge die Entwicklung der Stadt Ennepetal insgesamt. Seitens der Verwaltung werden Vorschläge grundsätzlich als persönliche Angriffe gewertet. Das ist der Sache nicht dienlich.
Die Vorgehensweise im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung am Donnerstag zeigte einmal mehr das grundsätzliche Problem in der Stadt- und Einzelhandelsentwicklung in Ennepetal.
Anstatt ein übergreifendes Konzept zu entwickeln, hangelt sich die Mehrheit im Rat von Einzelfallentscheidung zu Einzelfallentscheidung. Es fehlt der konzeptionelle Zusammenhang – die Frage, wie sich die Stadt Ennepetal in Zukunft entwickeln soll, muss dringendst beantwortet werden.
Lesen Sie hier die Analyse unseres Planungsexperten Tobias Berg,
Technische Universität Dortmund:
Ein Instrument, diese Frage zu klären stellt der Flächennutzungsplan dar. Dieser soll die räumliche Entwicklung der Gemeinde für einen Zeithorizont von 10 bis 15 Jahren festlegen. Der Ennepetaler Flächennutzungsplan ist schon mehrere Jahrzehnte alt – die Rahmenbedingungen haben sich in dieser Zeit jedoch bekanntlich stark verändert. Beispiele hierfür sind u. a. die große Dynamik der Einzelhandelsentwicklung, der Strukturwandel im Einzelhandel, die Problematiken im Bereich Verkehr und Erschließung sowie die Attraktivitätsdefizite der zentralen Versorgungsbereiche.
Die vielen kleinteiligen Änderungsverfahren sind mittlerweile nicht mehr geeignet, um auf die aktuellen und akuten Probleme der Stadt Antworten zu bieten. Auf dieses Problem weist die SPD jedoch schon seit Jahren hin. Ob es im Jahr 2008 endlich zur angekündigten Überprüfung des Flächennutzungsplans kommen wird, bleibt abzuwarten.
Anstatt die o. g. Probleme einmal grundsätzlich anzugehen, bleiben die „Stadtspitze“ und die Mehrheit im Rat der Stadt Ennepetal aber lieber beim Alten – eben so wie immer. Die SPD steht nicht für das Alte, sondern für das Neue. Sie wird die Probleme nicht dadurch lösen wollen, alles so zu belassen, wie es bisher ist.
In der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung wurde der SPD-Fraktion vorgeworfen, der Stadtspitze und Verwaltung nicht zu vertrauen. Man solle dies aber tun, da die Verwaltung schon wisse, was zu tun ist.
Folgt man diesem Gedanken konsequent, so müsste man den Rat der Stadt auflösen, da er schlicht unnötig werden würde. Warum sollte man schließlich Vorlagen der Verwaltung noch diskutieren, wenn dort schon alles richtig gemacht wird? Folglich könnte die „Stadtspitze“ auch das machen, was sie für richtig hält. Diese Vorgehensweise hat mit Demokratie allerdings nicht mehr viel zu tun.
Der Rat einer Stadt ist nun einmal dazu da, die Arbeit der Verwaltung kritisch zu betrachten. Er hat die Aufgabe „der Verwaltung Aufträge zu erteilen, diese zu kontrollieren, Richtlinien und Grundsätze vorzugeben, nach denen die Verwaltung arbeiten kann […] sowie durch Satzungen örtliches Recht zu setzen“ (Bundeszentrale für politische Bildung (2003): Kommunalpolitik in den Deutschen Ländern. Seite 206). Es wäre im höchsten Maße unverantwortlich, einfach der Stadtspitze (und Verwaltung) zu vertrauen und alles abzunicken, was von dort kommt.
Die Einzelhandelsentwicklung in Ennepetal ist nicht nur in Milspe wenig erfreulich. Auch das zeigt, dass die Probleme nicht mit lokalen Einzelfallentscheidungen zu lösen sind. Ob die bloße Erneuerung und Erweiterung der Fußgängerzone ausreicht, um eine Trendwende einzuleiten, muss bezweifelt werden. Die Fußgängerzone mag ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer attraktiveren Innenstadt sein, aber viele weitere müssen parallel zum Ausbau und danach folgen.
Insoweit sind neue Ansätze (im Bereich Organisation, Kommunikation und Kooperation) notwendig, um die Probleme mittel- und langfristig in den Griff zu bekommen.
Die Probleme in der Einzelhandelsentwicklung können auch nicht ungelöst von der Problematik des überdurchschnittlichen Bevölkerungsverlustes gesehen werden, von der die Stadt Ennepetal betroffen ist. Diese wiederum hängt von der Wohn- und Lebensqualität (Freizeitwert, Wohnraumangebot, Einzelhandelsangebot, …) ab. Hier wird wieder deutlich, dass die Probleme der Stadt Ennepetal ganzheitlich angegangen werden müssen.
Ein weiteres Beispiel, dass die Problematik einer fehlenden Gesamtkonzeption offenlegt ist die Zulässigkeit von Altenheimen und ähnlichen Einrichtungen in Ennepetal. Diese werden nur in einzelnen Bauleitplanverfahren oder gem. § 34 BauGB als Vorhaben im Innenbereich zugelassen. Die grundsätzliche Frage, welche Standorte sich in der Stadt Ennepetal aus städtebaulichen und lokalstrategischen Gesichtspunkten heraus für derartige Einrichtungen anbieten würden, bleibt weiterhin ungeklärt, obwohl die SPD-Fraktion dieses Problem bereits in den Vorjahren im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung angesprochen hat. Ähnliches gilt beispielsweise für die vielen Discounter auf ehemaligen Gewerbeflächen. Hier bietet das Planungsrecht – erst recht seit der Novellierung des Baugesetzbuches aus dem Jahre 2004 – ein breites Spektrum an Abwehrmöglichkeiten. Doch wie kann man etwas abwehren (Negativplanung), wenn die Vorstellungen darüber, was mit den Flächen passieren soll (Positivplanung) fehlen? So ist die Chance vertan, städtebaulich mutige Projekte anzugreifen, beispielsweise im so wichtigen Bereich zwischen Milspe und Altenvoerde. Denkbar wäre gewesen der Ennepe dort wieder mehr Raum zu geben und diesen den Bürgerinnen und Bürgern erlebbar zu machen durch neu angelegte, parkähnliche Grünstreifen entlang der Ennepe. Ergänzend dazu hätte ein Mix aus Einfamilien-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern – in der Nähe zu den Versorgungsbereichen auch mit Altenwohnkonzepten – entstehen können. Und das in direkter Nähe zu den Zentren von Milspe und Altenvoerde.
Einzelentscheidungen helfen bei all diesen Problemen nicht mehr weiter, sondern führen nur zu sich widersprechenden Entscheidungen, die sich dann wiederum negativ auswirken oder deren Wirkungen sich Gegenseitig aufheben.
Doch wo sind bisher die konzeptionellen Ideen geblieben? Die Stadtspitze scheint sich jedenfalls der Tragweite der Probleme nicht gänzlich bewusst zu sein.
Es geht nicht darum in Hektik zu Verfallen. Doch es stellt sich die Frage, warum angesichts vieler besorgter Stimmen aus der Bürgerschaft die zuständigen Mitarbeiter aus dem Bereich Wirtschaftsförderung nicht in den Sitzungen des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung in der Vergangenheit anwesend waren. Insbesondere ein City-Manager muss doch aus der Natur der Sache heraus das Interesse haben, die Politik möglichst breit zu informieren. Doch für wen sitzen die Politiker letztendlich im Rat der Stadt Ennepetal? Es sind die Bürgerinnen und Bürger! Auch diese haben ein mehr als berechtigtes Interesse daran, mehr über die Vorgänge im Bereich des City-Managements sowie der Stadt- und Einzelhandelsentwicklung zu erfahren. Hierbei geht es nicht um etwaige Vertragsangelegenheiten. Jedoch ist es äußerst ungewöhnlich, dass ein City-Management derart unauffällig arbeitet. So bleibt nur die Hoffnung, dass die angekündigten Änderungen bereits in den nächsten Sitzungen des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung sichtbar werden und in Zukunft eine Berichterstattung erfolgt. Die Frage, warum dies erst ab sofort geschieht, bleibt für mich weiterhin unverständlich und nicht nachvollziehbar. Man könnte daraus sicherlich ableiten, dass bisher kein hinreichender Bedarf bestand. Darüber hinaus wäre eine intensivere und aktivierende Einbindung der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Ennepetal wünschenswert. Denn gerade vom Bereich der Einzelhandelsentwicklung ist jeder betroffen. Insbesondere der Nahversorgung wird infolge der – durch die Studie des ILS NRW und des u. g. Studienprojektes bereits vorgetragenen – sehr negativen demographischen Entwicklung in Zukunft ein immer größerer Stellenwert zukommen. Daher sind nun alle notwendigen Schritte zur Sicherung der Nahversorgung und der Attraktivität aller drei Zentren einzuleiten.
Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung wurden darüber hinaus noch die Ergebnisse eines Studierendenprojektes der Universität Dortmund vorgestellt. Interessant waren die Ergebnisse auf jeden Fall. So wird beispielsweise auch von Seiten der Studenten und Studentinnen die Notwendigkeit eines Arbeitskreises Soziales gesehen. Leider sahen die Verwaltung und die Mehrheit im Rat der Stadt Ennepetal nie die Notwendigkeit, dem SPD-Vorschlag zur Einrichtung eines Ausschuss für Soziales zu folgen.
Dies macht aber deutlich, wie wichtig und wertvoll die Einschätzungen „von außen“ sind. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Ergebnisse des Studierendenprojektes in Zukunft Berücksichtigung finden.
Die Stadt Ennepetal sollte verstärkt auf studentische Projekte und Entwurfsarbeiten zurückgreifen, da diese immer wieder interessante Ideen und kreative Lösungsmöglichkeiten anbieten.
Tobias Berg